Zeitig am Morgen wurde es unruhig in der Herberge. Irgendwann begann der Erste im voll gefüllten Schlafsaal mit mindestens 40 Stockbetten in seiner unvermeidlichen Plastiktüte zu rascheln, dann der Nächste. Spätestens um sechs Uhr waren alle munter. So ist das Pilgerleben: zeitig aufstehen, zeitig schlafen gehen. Da es in der Herberge in Burgos nichts zu essen gab, zog ich ohne Frühstück los. Es war noch sehr kalt und eine lange mühsame Strecke auf der zum Glück noch relativ einsamen Nationalstrasse stand bevor. Irgendwo gab es dann einen café con leche und nach weiteren mühsamen Kilometern konnte ich endlich auf Nebenstrassen abbiegen. Was für ein jäher Stimmungswandel.
Plötzlich war es warm, die Sonne schien. Links und rechts waren Felder mit Mohnblumen. Die Seele begann zu baumeln und die Fahrt wurde zum Genuss.
Villandiego
Da tauchte diese grosse Hinweistafel auf, mit der Angabe 514 km nach Santiago.
Jahre später bin ich diese Strecke zu Fuss gegangen. Dabei entstanden ganz andere
Eindrücke!
Zu den Beschreibungen und Fotos von den Abschnitten Rabé de las
Calzadas - Castrojeriz - Fromista
Unterwegs mit dem Fahrrad, erreiche ich nach vielen kleinen Steigungen in der Vormittagshitze Hontanas, ein verträumtes Dorf und ein beliebter Pilgertreffpunkt.
Die mit ihrem Rad nach mir gestartete Holländerin sitzt bereits gemütlich vor einem der Pilgertrefflokale. Wie hat die das nur gemacht? Überholt hat sie mich nicht.
Ein romantisches Gässchen in Hontanas. Das Dorf schien ausgestorben - abgesehen von den Pilgern die dort herumlaufen.
Nach Hontanas kam der genussreiche Höhepunkt des Tages. In einer langen, langen schattigen (= kühlen) Allee ging es leicht bergab bis nach San Anton. Ich musste nur am Sattel sitzen und gemächlich bergab rollen bis zur Klosterruine. Fast genierte ich mich wegen der vielen Fusspilger, die ich so mühelos überholte.
Bon camino, bon camino...
Da stehe ich vor der Klosterruine San Anton. Die Holländerin, die lieber gemütlich und viel langsamer fährt, als ich ...... hat mich wieder einmal - nur Jakobus weiss wie das möglich ist - eingeholt und drückt auf den Auslöser meiner Kamera.
In den gotischen Ruinen des Klosters ist eine kleine Pilgerherberge versteckt.
Da fährt sie, die Holländerin. Sie ist schon länger unterwegs - von Holland - und fährt immer gemütlich.
Knapp vor Castrojeriz liegt diese Kirche vom ehemaligen Kloster Santa Maria del Manzano aus dem 11.-13. Jh. Sie beherbergt ein Museum und ich hatte gerade keine Lust auf Museen.
Nach Castrojeriz erklimmen die Pilger auf einem baumlosen Weg in der prallen Sonne einen Tafelberg, um auf der anderen Seite wieder herunter zu laufen. Als Radfahrer bin ich um den Berg herumgefahren, was zwar viel weiter aber wesentlich weniger anstrengend ist.
2004 ahnte ich noch nicht, dass ich 2013 als Fusspilger ebenfalls diesen Berg (Alto de Mostelares, 911m) erklimmen werde. Es war kühl und es war gar nicht so schlimm.
In der Folge musste doch noch ein kleiner Berg bezwungen werden. Nach der Abfahrt zum Tal des Rio Pisuerga fand ich die Eremitage San Nicolas. Sie wurde in den letzten Jahren renoviert und zu einer Pilgerherberge umgebaut.
Vor der Eremitage San Nicolas sitzt dieser Pilger. Er lässt sich bereitwillig fotografieren und geniesst die Kühlung seiner heiss gelaufenen Füsse.
Gleich nach der Ermitage folgt eine eindrucksvolle Begegnung mit der romanischen Geschichte des Jakobswegs. Hier überspannt die berühmte romanische Fitero Bücke den Rio Pisuerga.
Da Flüsse bekanntlich in Tälern fliessen, folgt nach deren Überquerung eine Steigung auf den nächsten Berg (Hügel). Es ging schon gegen Mittag zu und die Sonne brannte, daher wurde das Bergauffahren etwas anstrengend. Bei einem schattigen Baum legte ich einen Zwischenhalt ein.
Da kamen mir zwei Radfahrer entgegen. Sie waren auf der Rückfahrt von Santiago nach Deutschland. Alle Achtung!
Oben am Hügel in Boadilla del Camino besichtigte ich die Pilgerherberge mit Schwimmbad und fuhr um die Marienkirche aus dem 16. Jh. herum. Sie war leider geschlossen. Wenigstens konnte ich die gotische Gerichtssäule neben der Kirche bewundern.
In Fromista traf ich meinen Pilgerkollegen Hans zum Mittagessen. Danach besuchte ich die wunderschöne, romanische San Martins Kirche. Sie wurde anfangs des 20. Jh. wieder in ihren romanischen Urzustand versetzt. Wegen der unmöglichen spanischen Siestazeiten konnte ich auch diese Kirche nur von aussen besichtigen.
Im Jahre 2013, als ich hier zu Fuss ankam, war es 16:30 und die Kirche wurde gerade geöffnet.
Einige Kilometer weiter kam ich zur Kirche Santa Maria la Blanca in Villalcázar de Sirga.
Nur diese Kirche ist vom grössten Klosterkomplex Kastiliens, der 1157 von Sancho III errichtet wurde, übrig geblieben.
Das riesige spätromanische Hauptportal der Kirche
Maria la blanca, die weisse Muttergottes, Schutzpatronin des Gotteshauses. Ihr werden viele Wunder zugeschrieben.
Der Hochaltar im Inneren der Kirche
Am späten Nachmittag kam ich in Carrión de los Condes, dem Etappenziel an. Die Herberge gleich links neben der Santa Maria Kirche war sauber und gute Betten versprachen einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Im Jahr 2013, zu Fuss unterwegs, schliefen wir etwas ausserhalb von Carrión in dem zu einem Hotel umgebauten Kloster San Zoilo
Fotos: Gerhard Eichinger
Foto Villalcázar - Marienstatue 'Santa Maria la Blanca' von der Website von
Villalcázar de Sirga