von Anna Newec
El Cid
ist der Name, unter dem der spanische Nationalheld aus der Zeit der Reconquista Rodrigo Diaz de Vivar bekannt wurde. Der Name ist aus dem arabischen as-sayyid (,,der Herr“) bzw. sidi (,,mein Herr“) abgeleitet und stammt aus der Zeit, in der Rodrigo als Söldnerführer in der spanischen Levante operierte.
Leben und Taten
Rodrigo (Kurzform Ruy) wurde um 1043 in dem Dorf Vivar geboren, welches 7 km von Burgos entfernt liegt, und war der Sohn eines kastilischen Granden. Als Halbwaise wuchs er am Hofe König Ferdinand des Großen von Kastilien und León zusammen mit dessen Sohn Sancho auf.
Nach dem Tod des Königs 1065 und der Aufteilung des Reiches unter seinen drei Söhnen blieb Rodrigo im Gefolge Sanchos, der als Sancho II. König von Kastilien wurde und die Herrschaft über die anderen beiden Teilreiche Galicien und León anstrebte. Rodrigo bekleidete das Amt eines königlichen Bannerträgers (Alférez Real oder Armiger Regis) und errang in dieser Funktion erste militärische Erfolge als Truppenführer. Bereits in seiner Zeit am kastilischen Hof erhielt er den Beinamen el Campeador oder campi doctor, ein von lat. campio (Kämpe, Duellkämpfer) hergeleiteter Titel, der auf das siegreiche Bestehen von Zweikämpfen als Kampfesstellvertreter eines Kriegsherrn oder einer Streitpartei verweist. Im Deutschen wird dieser Beiname meist mit ,,der Kämpfer“ übersetzt (man könnte auch ganz wörtlich ,,der Champion“ sagen).
Als der König 1072 während der Belagerung von Zamora ermordet wurde und sein Bruder und Kontrahent Alfons VI. die Königreiche León und Kastilien wiederum vereinigte, soll ihm Rodrigo als Alférez der Legende nach den von den kastilischen Ständen (Cortes) verlangten Reinigungseid abgenommen haben, mit dem Alfons beteuerte, nichts mit dem Tod seines Bruders zu tun zu haben. Jedenfalls blieb Rodrigo aber im Dienste des neuen Königs und erhielt 1074 sogar dessen Cousine Jimena Diaz zur Frau. Der damit verbundene gesellschaftliche Aufstieg zeigt sich an der Übernahme des Zunamens Diaz, den er von nun an führte. Das Amt des Bannerträgers musste er jedoch abgeben, zunächst an einen Vertreter des leonesischen Adels, dann an den zum Grafen von Nájera beförderten kastilischen Ritter Garcia Ordóñez, der in der Legende eine Rolle als höfischer Widersacher Rodrigos spielt.
Nach verschiedenen eigenmächtigen Eroberungszügen und der vom König nicht gewünschten Einmischung in einen regionalen Konflikt zwischen Sevilla und Granada in Südspanien, in dessen Verlauf es dem Cid in einem Gefecht 1080 gelang, seinen auf der anderen Seite kämpfenden Konkurrenten Garcia Ordoñez in demütigender Weise gefangen zu nehmen, fiel er 1081 in Ungnade und wurde vom König verbannt. Er ging an den Hof des maurischen Fürsten al-Mu‘tamin von Saragossa, den er als Anführer einer stehenden und im Wesentlichen aus der von ihr selbst erzielten Beute finanzierten Söldnertruppe unter anderem auch gegen christliche Herrscher verteidigte. Neben seinen Fähigkeiten als militärischer Führer trug auch diese neuartige Organisationsform mit zu den Erfolgen der ,,Bande“ bei, deren Führer man sich in dieser Phase als eine Art ,,Raubritter“ oder ,,Warlord“ vorstellen darf. Mit seiner stetig wachsenden Schar baute sich der Cid eine eigene Machtposition in der Levante auf.
Nach der schweren Niederlage der Kastilier gegen das von den maurischen Fürsten ins Land gerufene Heer der berberischen Almoraviden in der Schlacht bei Sagrajas kam es ab 1086 zur zeitweiligen Annäherung zwischen dem Cid und Alfons VI.. Etwa ab dieser Zeit übernahm Rodrigo nach und nach die Schutzherrschaft über das mit Kastilien verbündete maurische Fürstentum Valencia, das er vor der Eroberung durch die Katalanen unter Graf Berenguer Ramón bewahrte und ab 1089/90 zum Bollwerk gegen die erneut vordringenden maurischalmoravidischen Kräfte auszubauen suchte. Nachdem der aus der toledanischen Taifendynastie der Dhun-Nuniden stammende Fürst 1092 im Verlauf einer Stadtrevolte ermordet und die Stadt vorübergehend von almoravidischen Truppen besetzt worden war, nahm der Cid sie im Juni 1094 wieder ein und schlug das Entsatzheer der Almoraviden bald darauf in der Schlacht von Cuarte. In Valencia herrschte er nunmehr bis zu seinem Tod am 10. Juli 1099 als oberster Richter und Herr (Señor) und verteidigte das Königreich gegen die vorrückenden Almoraviden, die es aber bereits wenige Jahre später eroberten.
Tod
Der Tod des Cid ist legendär: In einem Hinterhalt tödlich verwundet, nahm er seinen Gefolgsleuten auf dem Sterbebett das Versprechen ab, den Feind erneut anzugreifen. Seinem Wunsch entsprechend band man den sorgfältig geschminkten Leichnam vor der Schlacht in voller Rüstung aufs Pferd. Seine treue Stute Bavieca trug den Toten mit dem Schwert in der Hand ins Getümmel voran. Auf diese Weise motiviert, errangen seine Leute einen glänzenden Sieg über die von der Erscheinung des Totgeglaubten erschreckten Berber.
Über die tatsächlichen Todesumstände ist wenig bekannt. Kurioserweise fällt der Tod des Cid aber fast auf den Tag genau auf das Datum der blutigen Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer.
Als die Stadt 1102 kurz vor ihrer Einnahme durch die Almoraviden stand, konnte der zu Hilfe gerufene Alfons VI. nur noch die Witwe und den Leichnam des Cid zusammen mit seinen Truppen aus Valencia evakuieren und gab die Stadt dem Feuer preis. Das Ziel, den Vormarsch der berberischen Eroberer im Osten der Pyrenäenhalbinsel aufzuhalten, war damit gescheitert. Ein entscheidender Grund war wohl die Tatsache, dass der Cid keine männlichen Nachkommen mehr besaß, nachdem sein einziger Sohn Diego 1097 in der Schlacht bei Consuegra bei Toledo den Tod gefunden hatte.
Der Cid wurde in seiner kastilischen Heimat in dem Kloster San Pedro de Cardeña bei Burgos bestattet; heute befindet sich das Grabmal in der gotischen Kathedrale von Burgos. Sein Schwert Tizona kann im Armeemuseum in Madrid besichtigt werden.