Rothenburg liegt auf einem Hügel. Also geht es zunächst bergab zur Tauber und dann wieder auf der anderen Talseite bergauf, zum Teil recht steil, sodass ich schieben muss. Endlich oben angelangt wird der Weg halbwegs eben, und es geht recht zügig weiter. Ich freue mich über die Jakobsmuscheln, die meinen Weg begeleiten.
Der Himmel ist bedeckt. Manchmal treffe ich auf nasse Strassen. In der Ferne sehe ich Regen. Ich selbst bleibe aber verschont.
Der nächste grössere Ort heisst Crailsheim. Mein erster Eindruck ist der einer im Krieg zerstörten und nachher wieder aufgebauten Stadt. Es gibt im Stadtkern kaum mehr alte Häuser. An der Liebfrauenkirche fahre ich vorbei, die Johanneskirche fasziniert mich aber, und ich besichtige sie.
Die jetzige Johanneskirche stammt aus der Zeit von 1398 bis 1440. Sie wurde nach dem Vorbild einer spätgotischen Bettelordenskirche, der Franziskaner- Kirche in Rothenburg /Tauber, erbaut. Von den einst 13 Altären schmückt noch der Johannesaltar mit dem Gekreuzigten in der Mitte, dem Täufer Johannes, der Mutter Maria sowie den Aposteln Johannes und Andreas den Chor des Gotteshauses.
Portal zur Johanneskirche
Von besonderer kunsthistorischer Bedeutung sind die Altarbilder, die auf den Innenseiten vier Szenen der Leidensgeschichte Christi zeigen und außen das Leben Johannes des Täufers erzählen. Sie stammen aus der Werkstatt von Michael Wolgemut, dem Lehrers Albrecht Dürers (Nürnberg, Ende 15.Jh.).
In der Kirche kann man ein zwölf Meter hohes Sakramentshäuschen von 1499 bewundern, das vom Crailsheimer Steinmetz Andreas Embhardt geschaffen wurde. In der Nähe des Hauptportals befinden sich zwei freigelegte Wandgemälde aus dem 15. Jahrhundert. Sie zeigen das Martyrium des Heiligen Sebastian (Völkerskapelle) sowie einen Totentanz (Empore).
Blick auf die Orgel auf der Westempore. Sie stammt aus dem Jahr 1709 und wurde mehrfach restauriert.
Von Crailsheim bis Jagstheim entspricht der Radweg dem Jakobsweg. Dann trennen sie sich. Der Entschluss fällt mir schwer, aber ich bleibe am Radweg, weil der neben der Bahn liegt und daher eben ist. Der Jakobsweg hingegen führt über sehr buckeliges Gelände.
Ca. 30 km weiter am Jakobsweg komme ich nach Ellwangen. Die Stadt besitzt einen kleinen alten Stadtkern mit schönen Bürgerhäusern und eine interessante Doppelkirche. Die barocke evangelische Stadtpfarrkirche und die Stiftskirche St. Veit sind zusammengebaut. Sie überschneiden sich. Sehr freue ich mich über den schönen gotischen Kreuzgang und über die romanische Vorhalle von St.Vitus (St.Veit).
Links am (oberen bzw. linken) Bild sieht man die Türme der barocken Stadtpfarrkirche, in der Bildmitte die ursprünglich romanische St. Veit Kirche. Im Inneren ist sie ebenfalls barockisiert worden.
Ein weiteres Bild zeigt den romanischer Eingang in die St. Veit Kirche
Die St. Veit Kirche entstand in den Jahren 1182 bis 1233. Sie ist die dritte Kirche an dieser Stelle und geht in ihren Anfängen auf das Jahr 764 zurück. Dieser monumentale Bau aus der Stauferzeit gilt als die bedeutendste romanische Gewölbebasilika Schwabens.
Kreuzgang (Südflügel)
Kreuzgang (Ostflügel)
Der gotische Kreuzgang wurde 1468 - 1473 errichtet. Jedes der 29 Fenster weist ein etwas anders gearbeitetes Fischblasenmasswerk auf. Im Westflügel des Kreuzganges liegt die Liebfrauenkapelle.
Romanische Westvorhalle der St. Veit Kirche
Aus romanischer Zeit sind nur noch drei Räume erhalten: Die Westvorhalle, die darüber liegende Michaelskapelle (unzugänglich) und die Krypta.
Zwei Bilder aus Ellwangen
Nach einem Einkauf im Supermarkt fahre ich wieder weiter. Es geht sehr, sehr steil bergauf. Lange muss ich schieben. Endlich bin ich auf einem Plateau angelangt und es geht munter dahin, bis zu einem Ortsschild. Das passt aber gar nicht zu meinem Weg! Ein entsetzlicher Gedanke durchzuckt mich. Der steile Berg – alles umsonst. Ich muss wieder zurück und finde den Radweg nach Wasseralfingen / Aalen.
Mein angestrebtes Ziel wäre Aalen. Aber in Ellwangen habe ich sehr viel Zeit verloren und es wird spät. So beginne ich nach einem Quartier Ausschau zu halten, finde aber keines. Erst in Wasseralfigen finde ich Hinweisschilder. Im Gasthof "Goldener Stern" erhalte ich ein Zimmer, und was für eines. Da gibt es eine riesige Sitzgarnitur für mindestens 10 Personen. Ein gewaltiger Fernsehapparat steht da und lustigerweise zwei Stockbetten. Das Badezimmer ist vis-à-vis vom Gang. Das Etappenbier und ein feines Abendessen geniesse ich in der Gaststube.
Danach schlafe ich wunderbar.