Im nordwestlichen Teil von Niederösterreich, in einer Schleife des Kamp, der wenige Kilometer weiter zum Stausee Ottenstein wird, liegt das Zisterzienserstift Zwettl.
Der slawische Name Zwettl bedeutet "lichter Ort, Lichtung" und - in einem weiteren Sinn - "lichtes Tal", wie der Name des im 12. Jahrhundert gegründeten Zisterzienserklosters in bewusster Angleichung an die französische Zisterze Clairvaux gedeutet wurde (lat. Clara vallis bzw. Claravallensis).
Das Gründungsjahr war 1137. Im Reich herrschte Kaiser Lothar III., und in der zum Herzogtum Bayern gehörenden Markgrafschaft Österreich regierte der Babenberger Leopold IV. Die Kuenringer waren schon immer getreue Ministeralien, also Diensterbringer, für die Babenberger und hatten Besitztümer im heutigen Gebiet von Niederösterreich. Am bekanntesten sind die Burgen Aggstein und Dürnstein, wo später (1194) der Kuenringer Hadmar II. Richard Löwenherz gefangen hielt.
Als Hadmar I. von Kuenring im Jahr 1137 das Kloster Zwettl gründete und zwölf Zisterzienser mit dem ersten Abt Hermann aus dem Mutterkloster Heiligenkreuz holte, lag der Bauplatz inmitten eines zum Teil unerschlossenen Waldgebietes, allerdings nicht weit entfernt von der Alt-Siedlung Zwettl und einer bedeutenden Fernstrasse nach Böhmen. Der Bauplatz für die neue Zisterze entsprach den Ordensvorschriften: Er bot Abgeschiedenheit, fließendes Wasser, Schutz und ein reiches Betätigungsfeld für Rodung und Aufbauarbeit.
Die Stifter Hadmar I. und Gertrud von Kuenring
Für die Kuenringer wurde Zwettl zur Grablege und zum Hauskloster. Hadmar I. wird den Baubeginn vermutlich nur in seinen Anfängen oder gar nicht mehr erlebt haben, er starb noch im Mai 1138. Seine Gründung war erfolgreich: Sie wurde 1139 von König Konrad III. (Nachfolger von Lothar III.) und 1140 von Papst Innozenz II bestätigt. 1159 wurde die erste Kirche geweiht.
Stift Zwettl, Kupferstich, Georg Matthäus Vischer, 1672
Eingang zum Stift
Der Prälatenhof
Dieser Trakt des Klosters enthält noch romanische Bauteile aus dem 12. Jahrhundert, das Dormitorium (Schlafraum) und das Necessarium (Latrinenanlage).
Zu den ältesten erhaltenen Bauteilen gehören auch noch der Kapitelsaal.
Das hervorspringende Latrinenhaus steht direkt über einem Nebenarm der Kamp - wie praktisch.
Der ursprünglich romanische Kirchenbau wurde Mitte des 14. Jahrhunderts stufenweise durch einen gotischen Neubau ersetzt und schliesslich teilweise barockisiert.
Die dreischiffige Hallenkirche mit dem polygonalen Chor ist mit riesigen gotischen Fenstern ausgestattet. Im Inneren dominiert die Barockausstattung, vor allem der Hochaltar, aber auch die Kanzel, das reich geschmückte Chorgestühl und die Chororgel. Die Hauptorgel, die so genannte "Egedacher" Orgel zählt zu den grössten und kostbarsten Orgeln in Wien und Niederösterreich.
Dem gotischen Langhaus wurde eine Barockfassade mit zentralem Turm vorangestellt.
Der Bibliothekssaal des Stiftes wurde in der Zeit der Barockisierung der Klosteranlage ab dem 18. Jahrhundert von Joseph Munggenast erbaut und von Paul Troger mit farbenprächtigen Deckenfresken (die Taten des Herkules) ausgestattet.
Zu den Prunkstücken im Bibliotheksarchiv gehört die so genannte „Bärenhaut“ aus dem frühen 14. Jahrhundert. Der Prachtband ist in Schweinsleder, im Volksmund ist das die Haut eines „Saubären“, gebunden und enthält eine Abschrift von Urkunden und eine Zusammenfassung des Gründungsgeschehens des Stiftes.
Der gotische Kreuzgang gleicht dem des Mutterklosters Heiligenkreuz.
Der Kreuzgang ist eine Oase der Ruhe. Im verglasten Teil werden Lesungen gehalten.
Das Brunnenhaus im Kreuzgang war einmal die einzige Wasserquelle im gesamten Kloster.
Die Orangerie