Eine Gruppe von 23 Mitgliedern der katholischen Pfarrei Birmensdorf-Aesch reiste am 21. April 2007 aus der Schweiz in die Süd-Ost-Türkei, um das Gebiet des Tur Abdin kennen zu lernen und das Dorf Kafro zu besuchen. Deren syrisch-orthodoxe Christen, die in den 80er Jahren aus ihrer Heimat vertrieben wurden und nun wieder zurückkehren dürfen, unterstützen wir seit zwei Jahren durch unser Pfarreiprojekt. Wir helfen ihnen beim Aufbau der Infrastruktur ihres Dorfes. Unser ehemaliger Vikar Marcel von Holzen und der jetzige Gemeindeleiter Thomas Leist führten uns durch die religiöse und geschichtliche Vergangenheit der Süd-Ost-Türkei. Die Reise selbst war von Pfarreiprojektleiter Peter Rost perfekt bis ins Detail organisiert.
Aufblühender Tur Abdin
Die Reise führte mit der Turkish Airlines über Istanbul nach Diyarbakir, von wo aus wir mit zwei Kleinbussen in den folgenden vier Tagen den Tur Abdin bereisten. Geführt wurden wir von Yahko Demir, der in der Schweiz den Entwicklungs-Verein Kafro gegründet hatte, seit Sommer 2006 mit seiner Gattin in Kafro wohnt und inzwischen auch vor Ort einen solchen Verein gegründet hat.
Unser erstes Ziel war Mardin, die Bezirkshauptstadt des Tur Abdin, mit dem Kloster Deyrulzafaran, dessen Erzbischof Filüksinos Saliba Özmen uns empfing. Peter Rost stellte unsere Pfarreigruppe vor und überreichte ein Glas Honig aus dem Pfarreigebiet als Gastgeschenk und bedankte sich für den Empfang.
Seit unserem ersten Besuch vor zwei Jahren habe das Tur Abdin aufzublühen begonnen, schilderte der Erzbischof, aus einem vertrockneten Ast seien gleichsam Knospen und Blätter gewachsen und der Baum zu neuem Leben erwacht. Umso wichtiger sei es, dass wir die Rückkehrer nach Kafro unterstützen und mithelfen, dass Kafro als Vorbild für die anderen Dörfer dienen kann.
Grosse Fortschritte in Kafro
Die bei unserem ersten Besuch im März 2005 nur teilweise im Rohbau stehenden Häuser sind inzwischen fast alle fertig gebaut, von den 16 neuen Häusern sind 11 inzwischen von rückgekehrten Familien bewohnt, darunter 14 Kinder und Jugendliche. Damit sie in das türkische Schulsystem integriert werden können, erhalten sie an drei Tagen pro Woche Türkischunterricht in Midyat und an zwei Aramäischunterricht in Kafro. Fünf Familien sind noch in Deutschland. Sie verdienen dort das Geld, um die unerwartet höheren Kosten für die Häuser bezahlen zu können. Im Jahr 2005 war es dringend nötig, das zukünftige Dorf mit Wasser und Strom zu versorgen. Damals sammelten wir das Geld, um die Wasserversorgung bis zur Eröffnung von Kafro am 1 .September 2006 zu ermöglichen. Mit unseren Spenden wurde ein Wasserreservoir gebaut, in dem das aus einer Tiefe von 360 Metern heraufgepumte Wasser gesammelt, teilweise entkalkt und mit einer Hochdruckpumpe zu den Häusern gebracht werden kann.
Die Elektrizität wurde zwar vom türkischen Staat bis an den Dorfrand geliefert, musste aber von den Rückkehrern transformiert und zu den Häusern geleitet werden. Leider zeigte sich dann, dass der Strom nicht nur grosse Spannungsschwankungen aufweist, sondern auch sehr häufig ausfällt. Das kann mehrmals täglich kurzzeitig sein, kann aber auch tagelang dauern.
Deshalb wurde dringend ein Notstromaggregat benötigt, für das die Einwohner einen Kredit aufnehmen mussten und für dessen Tilgung wir unter dem Motto »Strom für Kafro« seit 2006 sammeln. Peter Rost konnte, auch dank grosszügiger Einzelspender, eine runde Summe zusammenbringen, so dass er an dem gemeinsamen Abend mit den Kafroyes einen symbolischen Scheck über 30’000 Franken an Yahko Demir überreichen konnte. Noch aber sind beinahe 19’000 Franken zu tilgen, für deren Beschaffung wir uns nun einsetzen.
Kafro lebt!
Bei unserer Ankunft in Kafro wurden wir zum Wohnen den verschiedenen Familien zugeteilt, die uns mit rührender Aufmerksamkeit umsorgten. Zum Frühstück, Abendessen und anschliessendem Beisammensein war ein grosser Saal hergerichtet worden. Tische, Stühle, Porzellan und Bestecke hatten die Familien zusammengetragen, und die Frauen verwöhnten uns mit landestypischer Kost. Ein Abend war ganz den Fragen gewidmet, die uns beim Aufenthalt in Kafro gekommen waren und jeder von uns hatte Gelegenheit, seine Fragen zu stellen und mit den Kafroyes zu diskutieren. So erfuhren wir, dass Israil mit einem muslimischen Partner aus Midyat ein Baugeschäft begonnen hat. Daneben hat er letztes Jahr die ersten Trauben geerntet und daraus den Weisswein gekeltert, der uns aufgetischt wurde und ausgezeichnet schmeckte. Eine Gruppe von sechs Kafroyes spielt einmal wöchentlich gegen eine muslimische Mannschaft aus dem Nachbardorf Harabale Fussball.
Salida wiederum hat mit Nun und einem syrisch-orthodoxen Partner aus Harabale eine Viehzucht begonnen und eine Herde von mehr als 60 Kälbern und Rinder auf der Weide. Zwei Beispiele, die zeigen, dass man auch in der kargen Welt des Tur Abdin Geld verdienen kann.
Das abendliche Zusammensein brachte einen engen, menschlichen Kontakt zwischen unserer Gruppe und den Kafroyes. Viele von uns bewunderten, mit welcher Konsequenz diese syrisch-orthodoxen Christen den Luxus in der Schweiz, Deutschland und Schweden mit dem einfachen und entbehrungsreichen Leben in Kafro getauscht haben, um das Land ihrer Väter wieder in Besitz zu nehmen.