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Statue der Heiligen Fides

Eine junge Märtyrerin

Die hl. Fides, eine junge Christin aus vornehmem Haus, lebte in Agen in Südfrankreich. Als nicht einmal 13-jähriges Mädchen weigerte sie sich während der Christenverfolgung unter Kaiser Maximinus (303—313) die heidnischen Götter anzubeten. Sie erlitt im Jahr 303 das Martyrium durch Folter auf einem glühenden Rost und Tod durch Ent­hauptung. Die Legende ihrer Standhaftigkeit beim Be­ken­nen des Glaubens vor dem römischen Richter Dacius (angesichts ihres jugend­lichen Alters) verbreitete sich rasch im Zusam­menhang mit der Einführung des Christentums als Staatsreligion im römischen Reich im Jahre 313 unter Kaiser Konstantin (Fides = Treue). Die Leute kamen regelmäßig zu ihrem Grab und Fides wurde als Märtyrerin weithin bekannt. Im 5. Jahrhundert übertrug Bischof Dulcidius von Agen die Reliquien der Märtyrerin in eine von ihm erbaute neue Kirche. Seit dem 6. Jahrhundert lässt sich die Verehrung sicher nachweisen. Gedenktag ist der 6. Oktober.

Reliquiendiebstahl

Zu Beginn des 9. Jahrhunderts war Conques ein entlegener kleiner Ort, in dem ein frommer Mann namens Dadon ein bis dahin unbedeutendes Benediktinerkloster gegründet hatte. Um für Aufschwung zu sorgen, beschloss man, inter­essante Reliquien zu beschaffen. Ariviscus, ein Mönch aus dem Kloster von Conques, zog gemäß der Legende in den Ort der hl. Fides nach Agen und erarbeitete sich dort über lange Jahre das Vertrauen der Einwohner, so dass er - inzwischen zum Wächter der Reliquien der hl. Fides bestimmt - irgendwann im Zeitraum zwischen 864 und 875 diese im Schutz der Dunkelheit stehlen und nach Conques bringen konnte. Eine andere historisch plausible Erklärung wäre, dass die Normannen nach der Belagerung von Toulouse im Jahre 862 auf dem Fluss Garonne weit ins Landesinnere vordrangen, so dass die Bewohner Altargeräte, Schreine und bedeutsame Reliquien auf der Flucht vor den Feinden ins Hinterland in Sicherheit gebracht haben. Dort verblieben sie dann möglich­erweise auch, als die Normannengefahr vorüber war. Im Jahr 883 wurden die Reliquien der hl. Fides offiziell und feierlich in Conques vorgestellt.

Sitzreliquiar der hl. Fides aus dem 9. Jh.

Sitzreliquiar

Offenbar war der hölzerne Rumpf eines Sitzreliquiars der Heiligen zu diesem Zeit­punkt bereits fertig gestellt. Im späten 10. Jahrhundert wurde die Sitzfigur überarbeitet und mit Gold und Edel­steinen, mit antiken Gemmen und Kameen bedeckt (»La Majesté de Sainte Foy«). Der Kopf der Figur entpuppte sich anlässlich einer Renovierung Mitte des 20. Jahrhunderts als ein wieder verwendetes spätantikes Porträt aus Goldblech. Die Arme sind nachweislich erst im 16. Jahrhundert hinzuge­kommen. Die Kristallkugeln der Armlehnen stammen aus dem 14. Jahrhundert. Der hölzerne Kern des Sitzreliquiars enthielt jedenfalls von Beginn an das Haupt der Fides. Diese Reliquie lockte seit dem letzten Viertel des 9. Jahrhunderts Gläubige von nah und fern an.

Fides-Kult

Etwa zeitgleich mit dem Aufkommen der Pilgerfahrt zum Grab des Apostels Jakobus blühte die Wallfahrt zur hl. Fides auf, und Conques wurde Etappenort für Jakobspilger. Im Jahre 1050 errichtete man in Conques eine Kirche von imposanten Ausmassen nach dem Vorbild der Kirche St. Martin in Tours — neben St. Sernin in Toulouse und der Kathedrale von Santiago de Compostela eine der grossen romanischen »Pilgerkirchen«. Mit den Pilgern kam der Reichtum in das abgelegene Kloster. Der erhaltene mittel­alterliche Kirchenschatz von Conques mit seinen kostbaren Gold- und Silber­schmiede­arbeiten wird heute als der grösste ausserhalb Roms und der einzige Frankreichs angesehen. Die bedeutenden Schriften vom Beginn des 11. Jahrhunderts über die Wunder der hl. Fides »Liber miraculorum sancte Fidis« von Abt Bernard d‘Angers gehörten zeitweilig zu den wichtigsten Lesetexten des Christentums. Übrigens wird in diesem Text auch über den Diebstahl der Reliquien berichtet, der offenbar für die damalige Zeit nichts Ausser­gewöhnliches darstellte. Die hl. Fides stieg im Mittelalter zu einer der am meisten verehrten Heiligen auf. Mit der Veröffent­lichung des »Codex Calixtinus« im 12. Jahrhundert wurde Conques eine der wichtigsten Stationen auf der »Via Podiensis«. Der Fides-Kult breitete sich nun rasch entlang der Jakobswege aus. In Burguete bei Roncesvalles entstand unter Mitwirkung der Mönche aus Conques eine Kirche für die Jakobspilger. Sogar im Chorumgang der Kathedrale von Santiago de Compostela wurde eine St. Fides-Kapelle eingerichtet. Diese sog. »Capilla de Santa Fe« — im Jahr 1102 geweiht — trägt jedoch seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts den Namen »Capilla de San Bartolomé«. Zwei Mönche aus Conques wurden gegen Ende des 11. Jahrhunderts Bischöfe in Navarra bzw. in Aragon. Der Einfluss von Conques war zu dieser Zeit von großer Bedeutung. Aber auch in Richtung der Herkunfts­länder der Jakobspilger breitete sich die Fides-Verehrung aus. In Frankreich erhielten viele Kirchen das Patrozinium der hl. Fides.

Fides Reliquien gelangen in die Schweiz, ins Elsass und bis nach Bamberg

So soll der Legende nach Ulrich von Eppenstein (1077— 1121) als Abt Ulrich III. von St. Gallen anlässlich einer Wallfahrt nach Agen im Jahr 1080 oder 1085) Reliquien der hl. Fides dort beschafft und ihr zu Ehren in St. Gallen eine Kapelle errichtet haben. Die oftmals umgebaute Kirche St. Fiden steht heute an dieser Stelle.

In Schlettstadt (Sélestat) im Elsass liess Hildegard von Egisheim (ihre Ehe mit Herzog Friedrich von Büren machte beide zu den Stammeltern des hohenstaufischen Geschlechts) um 1087 nach dem Vorbild der Grabeskirche von Jerusalem eine Kapelle errichten und gründete 1094 dort das Priorat Sainte Foy mit Hilfe der Mönche aus Conques. Hildegard (1025—1095) hatte wegen einer Bluttat ihres Sohnes Friedrich (der spätere Herzog von Schwaben, Friedrich I.) eine Sühne­wallfahrt nach Santiago de Compostela unternommen und war auf diesem Weg zumindest bis Conques gekommen und hatte die Mönche nach Schlettstadt eingeladen. Möglicher­weise hatten die Mönche ihr zu verstehen gegeben, dass ihre (offenbar pompöse) Reise nach Santiago de Compostela wohl ein zu geringer Preis für eine Blutschuld wäre. Jedenfalls vermachte Hildegard ihren Schlettstädter Bodenbesitz 1094 der Abtei von Conques. Die Mönche errichteten in Schlettstadt eine erste Kirche, von der heute nur noch die Krypta existiert. In den Jahren 1152 bis 1190 wurde das Gotteshaus zur Basilika Sainte Foy ausgebaut — heute eine der schönsten romanischen Bauwerke im gesamten Elsass. Die Benediktiner aus Conques betrieben Sainte Foy in Schlettstadt bis 1424 als Zweigstelle. »Foy - Fides - Truwe - Getruwen - Getreu« wurde zur staufischen Hausheiligen und — neben Odilie — zur elsässischen Landesheiligen.

Der Fides Kult drang auch in den Schwarzwald nach Sölden und Grafenhausen. In Bamberg gründete Bischof Otto im Jahre 1123 eine Probstei mit einer der heiligen Fides (Getreu) gewidmeten Kirche.

La Majesté de sainte Foy, Trésor de Conques