Bin ich ein Pilger?
Jahrzehntelang hatte ich keine Ahnung vom Jakobsweg, war mit EDV beschäftigt und habe ein halbwegs normales Leben geführt. Dann war da diese Idee, anlässlich meiner Pensionierung nach Santiago zu pilgern. Aber wie wird man ein Pilger? Bin ich den einer? Diese Frage hat mich lange beschäftigt.
Bei meiner ersten Übernachtung nach der Überquerung der Pyrenäen hatte ich ein Gespräch mit der dortigen Herbergsmutter. Sie meinte "Der Weg macht dich zum Pilger". Ja schön, dachte ich, fühlte mich aber doch nicht als echter Pilger.
Das entscheidende Erlebnis war in Burgos:
Die Schaltung am Fahrrad funktionierte nicht mehr und so suchen wir in Burgos eine Velowerkstadt. Ein junger Velomechaniker empfing uns sehr freundliche und verstand sogar durch unser Deuten und die wenigen Worte meines Spanisch, was wir wollten. Er stellt meine Schaltung ein, überprüft das Velo und erhöht den Reifendruck. Als ich ihn fragte, was ich schuldig sei, fragt er, ob ich als Pilger nach Santiago unterwegs sei. Als ich bejahe, meint er, der Service wäre gratis. Ich habe mich bedankt und mich irrsinnig gefreut. In seinen Augen bin ich ein Pilger, ein echter Pilger. Das hat mich im Innersten ganz tief berührt.
Die Brücke
Nach Sahagun teilt sich auf meiner Karte der Jakobsweg und prompt fahre ich auf den falschen, für Velofahrer ungeeigneten Ast und lande auf einer holprigen Sandpiste. Ich schimpfe mit mir selber und der Gedanke bis zur Weggabelung zurückzufahren wurmt mich sehr. Der andere Ast des Jakobswegs liegt auf der anderen Seite der Autobahn. Keine Chance hinüberzukommen. Trotzdem fahre ich auf gut Glück querfeldein zur Autobahn. Der Weg, den man heute auf dem Bild sieht, den gab es damals noch nicht. Und tatsächlich da entdecke eine Brücke und fahre über das Feld auf sie zu. Die doppelspurige, asphaltierte Brücke sieht ganz neu aus. Sie führt aus dem Nichts, aus dem ich komme, über die Autobahn zum linken Teil das Caminos. Mein Dank für diese Brücke geht an den heiligen Jakob. Zwei Spuren und zwei Gehwege wären allerdings nicht nötig gewesen. Die seltsame Brücke wurde offenbar extra für mich gebaut. Sie bringt mich direkt zum Jakobsweg. Neben dem Camino führt eine ganz neue asphaltierte Begleitstrasse, auf der es sich herrlich fährt. Jetzt bin ich wieder zufrieden und geniesse die Fahrt in der Meseta Hochebene.
Auf Google Earth nachgeschaut: Es gibt sie tatsächlich die Brücke über die
Autobahn. Heute (2013) endet sie in einem Feldweg, den es 2004 noch nicht
gab. So richtig Sinn macht die Brücke auch heute noch nicht.
Grün: Jakobsweg, Rot: mein Irrweg