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Samstag 31. Mai bis Samstag 7. Juni 2008
(Romont – Moudon wegen Dauerregen abgebrochen)

„Der Weg ist das Ziel“ – auf dem Schweizer Jakobsweg

Der Apostel Jakobus der Ältere soll in Spanien das Evangelium verkündet haben und nach seiner Rückkehr nach Jerusalem im Jahre 44 den Märtyrertod erlitten haben. Zunächst wurde er in Jerusalem beerdigt, aber der Legende nach wurden seine Gebeine später nach Spanien gebracht, wo sie anfangs des 9. Jh. wieder entdeckt und nach Compostela übertragen wurden. Die wundersamen Ereignisse, die man auf die Vermittlung des hl. Jakobus zurückführte, machten das Grab des Heiligen bald zum beliebtesten aller Wallfahrtsorte. Eines der Wunder über Jakobus, die man sich erzählt, ist: Vor der Küste Galiciens fiel der Leichnam durch ein Missgeschick ins Meer. Nachdem er wieder aufgefischt wurde, war er über und über mit jenen Muscheln bedeckt, die seither Jakobsmuscheln heissen und als Pilgerzeichen dienen. Der Pilger trägt oft eine Kleidung, die ihn sofort als solchen erkennen lässt: eine Pelerine, die ihn bei Regen und Wind schützt (franz. le pélerin = der Pilger), ferner einen breitrandigen, vorne oft hochgeklappten Hut und stiefelartiges Schuhwerk, ferner die Pilgertasche, Pilgerstab und als Pilgerzeichen die Muschel. Die Muschel war ursprünglich der Ausweis für eine bestandene Wallfahrt nach Santiago und hatte gleichsam die Wirkung eines Amuletts, das Schutz bieten sollte. Die äusseren Zeichen des Pilgers waren deshalb von Bedeutung, weil sie ihm Anspruch auf Gast­freundschaft verschafften. Das Pilgern in früheren Zeiten war mit sehr viel Widerwärtigkeiten und Problemen verbunden, über die wir uns heute kaum mehr ein Bild machen können.

Samstag, 31. Mai 2008

Brünig – Interlaken mit dem Schiff von Iseltwald nach Interlaken
5.30 Stunden

Fünf Wanderinnen und zwei Wanderer vom UBS-Sportclub trafen sich um 6.45 Uhr im Zürcher HB zur Fahrt nach Brünig (1’002m). Alle waren beladen mit einem „bequemen“ Rucksack, den wir heute noch bis Interlaken transportieren mussten. Der Himmel zeigte sich bedeckt, aber das drückte nicht auf unsere gute Stimmung: Wir hatten schliesslich eine Woche Ferien auf dem Schweizer Jakobsweg vor uns. Das verhiess Gutes! Als wir in Brünig ausstiegen, stärkten wir uns zunächst im Restaurant „Kulm“ mit Kaffee, Ovo, Mandel- oder Nussgipfel, bevor wir uns auf den Weg machten nach Brienzwiler. Wir wanderten durch schöne Wiesen und viel Wald, bevor wir uns um Punkt 12 Uhr am Brienzersee zum Picknicken niederliessen. Gut gestärkt, ging es weiter, denn wir sollten in gut einer Stunde ein wunderbares Ziel erreichen: die Giessbachfälle. Sie gehören zu den schönsten Wasserfällen der Schweiz. Die Wassermassen stürzen sich über vierzehn Kaskaden 300 m in den Brienzersee und bieten ein einzigartiges Naturschauspiel. Am Fuss des Wasserfalls liegt das historische Grandhotel „Giessbach“, welches durch die Giessbachbahn (älteste Standseilbahn Europas – 125 Jahre alt) direkt mit der Schiffsstation Giessbach verbunden ist. Das Grandhotel „Giessbach“ wurde 1873/74 durch die französische Dynastie Hauser erbaut. 1979 schloss das Hotel und sollte abgerissen werden. 1983 gelang es dem Schweizer Umweltschützer Franz Weber mit Hilfe seiner Vereinigung Helvetia Nostra und der von ihm gegründeten „Stiftung Giessbach dem Schweizervolk“ die Liegenschaft und das Grundstück zu erwerben und unter Denkmalschutz zu stellen. Wir waren natürlich neugierig auf das „Innenleben“ des Hotels und inspizierten es, verbunden mit einem WC-Besuch... und weiter ging die Wanderung. Zunächst spazierten wir unter den Giessbachfällen hindurch – ganz gewaltig! Dann ging es steil hinunter. Achtung aufgepasst, es begann leicht zu regnen. Weiter führte der Weg dem schönen Seeufer entlang nach Iseltwald, wo wir um 16.10 Uhr das Schiff nach Interlaken bestiegen und eine gemütliche Schifffahrt erlebten. Wir waren heute doch einige Stunden gewandert und fast alle zwischen fünf und sechs Uhr aufgestanden. In der Schlosskapelle Interlaken – ehemals Augustinerkloster – erzählte uns Gerhard etwas zum Tagesthema 11./12. Jh. – Wer waren die "bösen" Österreicher in der Tellsgeschichte (Tellspiele Interlaken).

Wir wohnten die Nacht im schönen Hotel „de la Paix“, Interlaken. Es war wirklich interessant, was wir in diesem Hause bestaunen konnten: 67 alte Uhren, die fast alle noch funktionieren, diverse uralte Spielautomaten und wunderschöne Biedermeier-Möbel in der Bar. Jetzt eine Dusche, und dann trafen wir uns zu einem feinen Apéro, den Gerhard offeriert hat. Der Schlummertrunk wurde von Yvonne Z. offeriert – Es ging uns heute aber gut.

Apéro nach der ersten Etappe im Hotel in Interlaken

Sonntag, 1. Juni 2008

Interlaken – Merligen und mit dem Schiff nach Spiez

5 Stunden

Nach einem guten Frühstück brachen wir heute um 8.15 Uhr zur Wanderung auf. Der Weg führte durch ein wunderschönes Naturschutzreservat mit gelben Schwertlilien, und dann sahen wir, wie schön, ganz junge Schwäne in der Obhut ihrer Alten. Wir wanderten über Neuhaus, bis wir auf Bänken am Thunersee eine Pause einlegten und Gerhard uns mit „geistiger Kost“ versorgte zum Thema „Beatus“. Der Einsiedler vom Thunersee stammte  der Legende nach aus Frankreich. Er wurde vom hl. Petrus selbst zum Priester geweiht und kam in die Schweiz, um die heidnischen Helvetier zu bekehren. Er soll einen Drachen getötet  und in dessen Höhle gewohnt haben und um 112 gestorben sein. Anfang des 13 Jh. beginnt die Wallfahrt zur Beatushöhle. Im Zürcher Fraumünster wurde Beatus ein Altar geweiht. In der Reformation unterdrückte man im protestantischen Bern den Beatuskult am Thunersee. Um 11.15 Uhr durften wir an der nächsten einstündigen Führung in der Beatushöhle (Tropfsteinhöhle) teilnehmen. Bis an den Eingang der Höhle waren es gemäss Margrit 154 Treppen – sie hatte gezählt –, die wir hinaufsteigen mussten. Nach der interessanten Erklärung zur Beatushöhle fanden wir einen schönen Picknick-Platz bei der „Ruine der alten Pilgerherberge“. Gemäss Gerhard sind es nur noch 1 ¼ Stunden bis zur Station Merligen,  wo wir das Schiff nach Spiez besteigen wollten.  In Spiez liessen wir es uns nicht nehmen, noch die Sehenswürdigkeit zu betrachten: die wunderschöne Schlossanlage mit dem trutzigen Bergfried. Mit der Eroberung des Aargaus (1415) war auch das Ende der habsburgischen Lehenshoheit verknüpft und Spiez wurde zur unabhängigen Herrschaft unter Adrian von Bubenberg (1424-1479). Sein von Karl Stauffer geschaffenes Standbild ziert seit 1959 die Schlossterrasse.

... und dann durften wir uns im wunderschönen Hotel „Seegarten Marina“, Spiez, einrichten. So schön, mit Blick auf den Yachthafen vom Thunersee!

Hotelterrasse Seegarten Marina

Wir trafen uns bald einmal auf der Terrasse des Hotels für einen Apero den uns Franca Kohler spendiert hatte. Sie musste wegen Krankheit die Tour absagen. Auch zum Nachtessen, der feine Rote, ging auf Francas Rechnung. Danke! Das Abendesse fand im gediegenen Speisesaal statt. Tomatensuppe mit Rahmhaube, Tortellini an Salbeibutter, Rindsschmorbraten mit Kartoffelpüree, glacierte Karotten, Coupe „Caramelito“. Nachher unternahmen wir einen kleinen Verdauungsspaziergang zum Yachthafen mit Blick zum Niesen und zum Schreckhorn. Walter spendierte anschliessend einen Schlummertrunk.

Hotel Seegarten

Montag, 2. Juni

Spiez – Wattenwil
 4.45 Stunden

Wir spazierten um 8.15 Uhr vom Hotel fort. Der Weg führte am Schloss vorbei durch den Schlossgarten mit wunderschönen blühenden Blumen. Nach zwei Stunden – hinauf und hinunter – erreichten wir den Strättligturm auf der Höhe von 655 m. Bis 1872 wurde er als Pulverturm zur Lagerung von Schiesspulver verwendet. Er wurde 1700 an der Stelle erbaut, wo sich ursprünglich der Stammsitz der Strättliger befand. Heute ist der Turm nicht öffentlich zugänglich. Wir entdeckten Bänke und machten die erste Rast. Dann ging es weiter auf dem Höhenweg, dem Burgunderweg, immer mit Blick auf den Thunersee und in der Ferne Schloss Thun, bis wir die reformierte Kirche Amsoldingen erreichten, wo Gerhard uns wieder geistige Nahrung bot. Die der Legende nach von Ruolf II. von Burgund gegründete ottonische Basilika gehört zu einer um das Jahr 1000 am Thunersee entstandenen Kirchengruppe, deren Baustil lombardische Einflüsse zeigt. Kurz vor der Reformation im Jahre 1528 wirkte als Pfarrer in Amsoldingen Joh. Haller, ein Mitstreiter Huldrych Zwinglis. Er musste aber wegen seiner Heirat Amsoldingen verlassen. Sehenswert an der Nordwand ist eine Darstellung des Heiligen Christophorus. Die farbigen Chorfenster von Max Brunner (1910) symbolisieren Gott Vater, Sohn und Heiligen Geist.

Unterwegs hatten wir noch ein lustiges Erlebnis. Plötzlich kamen wunderschön gezeichnete Zebras (braun/weiss) aus einem Stall ins Freie spaziert. Jetzt waren wir schon 3 ½ Stunden seit dem Morgen gelaufen, endlich war ein Picknick fällig um 11.45 Uhr. Unser Ziel war heute der Gasthof „Bären“ in Wattenwil. Die Tage vorher hatten wir sehr nobel gewohnt, heute war es etwas einfacher. Da sie im „Bären“ montags Wirtesonntag hatten, suchten wir uns das Restaurant „Rendezvous“ in der Nähe aus, wo wir uns zum Spaghetti-Plausch niederliessen: feine Teigwaren mit verschiedenen Saucen. Heute hatten wir eine spezielle Stärkung nötig: Alle waren müde, wir waren viel auf Asphalt marschiert, und die Luft war drückend. Zum Schluss begann es noch zu regnen. Um 22 Uhr waren alle im Bett und schliefen wohl wie die Engeli.

Dienstag, 3. Juni

Wattenwil – Schwarzenburg
5.45 Stunden

Heute wurde uns das Frühstück vom Herrn des Hauses persönlich serviert – sehr charmant. Gut gestärkt wanderten wir um 8.30 Uhr fort. Zuerst mussten wir einen steilen Aufstieg bewältigen, vorbei an schönen Berner Bauernhäusern. Bald einmal sahen wir eine Anzahl Lamas, die bereits die Sommerscherung hinter sich hatten. Als wir die Kirche Riggisberg erreichten, boten uns Gerhard und Vreni eine Kostprobe ihrer schönen Stimmen. Vreni singt einen so schönen Sopran! Sie war jetzt auch zu unserer Gruppe gestossen. Ihr konnten wir immer das schwere Gepäck ins Auto geben und mussten nur noch mit einem kleinen Tagesrucksack marschieren.

Von Riggisberg ging es weiter übers Land nach Rüeggisberg. Das Kloster Rüeggisberg ist ein ehemaliges Cluniazenserpriorat. Die Mönche Cono und Ulrich errichteten um 1072 die ersten Zellen. Bald nach 1100 begann man mit dem um 1175 abgeschlossenen Bau der romanischen Kirche. Im Mittelalter gehörte es zu den bedeutendsten Klosterbauten der Schweiz und war eine wichtige Station auf dem Jakobsweg. Wieder lassen Gerhard und Vreni ihre schönen Stimmen erklingen und singen „Laudate omnes gentes“. Die Kirche hat sehr schöne Glasfenster. Die Mittagsrast hielten wir in der Klosterruine des Cluniazenserordens.

Klosterruine

Weiter führte ein schöner Weg der Schwarzwasser entlang. Bei einer Waldhütte machten wir nochmals eine Trinkpause. Als wir einige Zeit weitermarschiert waren, sahen wir schon von weitem Vreni. Sie kam uns mit einem feinen Süssmost entgegen. Heute war unser Ziel das Hotel „Sonne“ in Schwarzenburg.

So eine originelle Unterkunft hatten wir schon lange nicht mehr vorgefunden. Sehr alt und gediegen! Das Restaurant ziert eine alte Trotte und eine ganz alte Tür, originell nur als Attrappe von 1797... und dann das Abendmenue: Spargelmousse mit Toast, garniert mit Salat, Süsskartoffelsuppe, Maispoulardenbrust auf Ratatouille mit Bratkartoffeln, Erdbeer-Rhabarber-Kompott mit Vanilleglace. Der anstrengende Tag war gerettet!


Mittwoch, 4. Juni

Schwarzenburg – Fribourg
4.30 Stunden

Wir hatten die Tage vorher den Wetterbericht schon gehört, und er bewahrheitete sich: Dauerregen. Wir montierten die Regenausrüstung: Regenhosen, Kapuze, Anorak und Regenhaube über den Rucksack, denn wir sollten bis Fribourg mindestens vier Stunden unterwegs sein. Nach einem guten Frühstück ging es auf den Weg. Wir überquerten irgendwann die alte Sodbachbrücke von 1876, die über die Sense führt. Im Wald begingen wir eines der historisch interessanten Wegstücke: ein aus dem Felsen gehauener Weg mit schöner Pflasterung. Etwas weiter unten erreichten wir die „Torenöli“, wo einst eine Ölmühle stand. Nach der Überquerung der Sense führte der Weg bergauf nach Heitenried. Kurz vorher trafen wir auf einen Bildstock mit dem hl. Jakobus.

Ein Irrtum – und was aus ihm geworden ist: Vier Jakobsmuscheln, aus Keramik schön gefertigt und in Betonsockel eingesetzt, jedoch in die falsche Richtung weisend, bedeuten: „Pilger, geh nach Hause...“ Wie kann der Irrtum wieder gutgemacht werden?  Der Pfarrer von Heitenried zauberte eine Jakobsstatue aus seinem „Pilgerrucksack“ , die er von Linz hierher gebracht hatte. Diese wollte er den Pilgern schenken, und es entstand die schöne Jacobi-Kapelle.

Die Gemeinde Heitenried besitzt eine prachtvolle neugotische Pfarrkirche von nationaler Bedeutung. Zu Beginn der neunziger Jahre unterstützte Pro Patria die Restaurierung der Kirche mit einem namhaften Betrag.

Weiter ging es nach St. Antoni. Der Kirchenpatron, Antonius der Einsiedler, gilt als Patron des Viehs, weshalb er oft mit einem kleinen Schwein dargestellt wird. Beim Pfarreihaus St. Antoni erlaubten wir uns, ein Picknick zu machen, bevor wir weitermarschierten nach Tafers. Von hier gibt es natürlich einiges zu berichten. Die Jakobskapelle auf dem Friedhof zu Tafers wird erstmals 1665 erwähnt. Sie verdankt ihre Existenz wahrscheinlich der Jakobsbruderschaft. Oberhalb des Heiligen Jakobus wird auf acht Bildern das Galgen- bzw. Hühnerwunder dargestellt:

„Ein böser Wirt steckte nachts seinen nach Santiago ziehenden Gästen, einem Vater und seinem Sohn, einen goldenen Becher ins Reisegepäck, um sie anderntags des Diebstahls zu bezichtigen. Der Sohn wurde darauf vor den Richter geführt und gehängt. Der Vater setzte indessen seine Reise zum Grab des hl. Jakobus fort und klagte dem Heiligen sein Leid. Als er auf dem Rückweg am Galgen vorbeikam, an welchem sein Sohn hing, fand er diesen noch lebend. Jakobus hatte ihn wunderbar gerettet. Der Richter, dem das Wunder gemeldet wurde, wollte dies nicht wahrhaben. Er war gerade dabei, Hühnchen zu braten und erklärte: ‚So wenig wie diese Hühner, wird auch der Gehängte nicht wieder lebendig.’ Da flogen die Hühner davon. Nun zweifelte auch der Richter nicht mehr. Der Wirt wurde nun hingerichtet, während Vater und Sohn heil nach Hause zurückkehrten.“ Das ist die Sage des Glaubens und der Gerechtigkeit.

Wir waren es ja gewohnt, dass die Wegführung hinauf- und hinunterging. Das war auch jetzt wieder der Fall. Wir wanderten durch eine abwechslungsreiche Hecken- und Baumlandschaft. Vor allem die prächtigen Lindenbäume am Wegrand fielen uns immer wieder auf. Es ging über Uebewil, bis uns Vreni entgegenkam und  ein schönes Café empfahl. Gerhard bestellte eine feine Schoki-Torte und dazu einen feinen Kaffee, das war, was wir an dem Regentag als Aufsteller brauchten. Beim Ausgang gab die Wirtin uns noch ein Brötli für die Pilger mit auf den Weg. Es ging weiter, und bald einmal kamen wir auf das Gebiet von Fribourg. Otto, ein Pilger-Freund von Gerhard und Vreni, der sich später zu uns gesellte, hatte dem Gerhard, gesagt, dass wir durch einen schönen alten Teil die Stadt betreten würden. Diesen mussten wir zuerst „suchen“, und wirklich fanden wir bald einmal den schönen alten Stadtkern. Die Bausubstanz stammt zum grössten Teil aus der gotischen Zeit bis zum 16. Jh. Wir entdeckten das mindestens zwei Kilometer lange Ringmauer­system, das sich gut in die Topographie einfügt. Wir gingen über eine alte Brücke, die über die Saane führt, und stiegen viele Treppen hinauf, bis wir das Hotel „Elite“ erreichten. Hier machten wir es uns gemütlich und durften ein feines Nachtessen verzehren und uns vom Regentag erholen. Aber der war nach dem Schlummertrunk schon lange vergessen.

Donnerstag, 5. Juni

Fribourg (Stadtführung) nach Abbaye de Hauterive
3 Stunden

Um 8.45 Uhr waren wir mit dem Stadtführer, Herrn Anderegg, verabredet. Er ist Historiker und ein guter Freund von Otto. Freiburg liegt auf 550-630 m ü.M. und zählt ca. 43’000 Einwohner. Sie ist die Hauptstadt des gleichnamigen Kantons, des alten Uechtlandes. Sie ist Sitz des Bischofs von Lausanne-Genf-Fribourg und mit einer katholischen Universität Mittelpunkt des Katholizismus der Schweiz. An der Saane gelegen, zeigt sie eines der schönsten mittel­alterlichen Stadtbilder der Schweiz. Die zur Oberstadt führenden Stadtteile Auge und Bourg erstrecken sich sehr malerisch über dem felsigen Ufer, während die Stadtviertel Neuveville am linken und Planche am rechten Ufer die Unterstadt bilden. Fribourg oder deutsch Freiburg ist eine Gründung des Herzogs Berthold IV. von Zähringen (1157) und gehört seit 1481 der Eidgenossenschaft an. Sehenswert ist das 1522 erbaute Rathaus mit achteckigem Uhrturm. Unweit vom Rathaus sahen wir die Kathedrale St-Nicolas, einen gotischen Bau aus dem 14. und 15. Jh. Im Innern sind besonders sehenswert die Kanzel, der Taufstein, das Chorgitter und das Chorgestühl sowie die Heiliggrabkapelle (1430-33). Wir spazierten weiter, plötzlich stank es. Herr Anderegg erklärt die Ursache. Die Verbindung vom Stadtteil Neuveville zur Oberstadt wird seit 1899 durch eine mit Abwasser betriebene Standseilbahn (Funikular) hergestellt. Später besuchten wir mit Otto die Franziskaner-Kirche, die wertvolle Kunstwerke enthält, unter denen der Flügelaltar des „Meisters mit der Nelke“ (1481), die Predella mit dem Gemälde „Tod des Wucherers“ von Hans Fries (1506), sowie ein holzgeschnitztes vergoldetes Triptychon (um 1513) besonders hervorzuheben sind. Wir sahen aber auch eine Kopie der „Schwarzen Madonna“ von Einsiedeln.

Wir waren sehr beeindruckt von der Fülle der Sehens­würdigkeiten in Fribourg und hatten nach so viel geistiger Kost, etwas für den Magen verdient. Wir waren „Banausen“ und liessen uns in einer Pizzeria nieder. Ganz fein!

Weiter führte der Weg in Richtung Hauterive, über die sehr schöne Glane-Brücke zur Kapelle St. Appoline (1147 erwähnt). Hier erzählte uns Gerhard mehr über das Zisterzienser Kloster. Unter Abt Bernhard von Clairvaux begann der eigentlich Aufstieg des Zisterzienserordens. Die Zisterzienser sind ein kontemplativer Orden. Sie führen ein äusserlich zweckfreies Leben, um frei zu sein für ihre Suche nach Gott. Kernmerkmale sind ein beständiges Leben in der Klausur, weltabgeschiedenes Leben, aber zugleich Gemein­schaftsleben innerhalb des Klosters. Die Zisterzienser leben und arbeiten nicht nur hinter ihren Klostermauern, sondern auch im sozialen und kulturellen Bereich. Der Tagesablauf ist geprägt von sieben Gebetszeiten: die erste beginnt um 4 Uhr und die siebente endet nach Sonnenuntergang. Einen besonderen Stellenwert im Zisterzienser­leben nimmt die Marienverehrung ein. Die Mönche tragen eine weisse Tunika, darüber ein schwarzes Skapulier. Als Chorgewand wird darüber eine weisse Kukulle getragen.

romanische Brücke über die Glan "St. Appoline"

Nachmittags um 16 Uhr sind wir zur Führung des Klosters angemeldet. Ein lustiger Mönch, mit spitzbübischem Lächeln, führte uns durchs Kloster. Unseren Otto begrüsste er freundlich. Otto hatte sich schon zweimal im Kloster für eine Auszeit einquartiert.

Ja, und wo sollten wir heute nächtigen? Ganz in der Nähe des Klosters liegt das Landwirtschaftliche Institut des Kantons Freiburg, wo wir Quartier fanden. Die Zimmer sind sehr schön hell, jeder Gast bewohnte ein Einzelzimmer – auch die Ehepaare. Für 17.30 Uhr hatte Gerhard in der Schule einen feinen Apéro bestellt: weissen und roten Wein, dazu Käse, Nüsse, Früchte. Bald ging es uns wieder sehr gut. Auch das Nachtessen nahmen wir im Institut ein und waren bald wieder so erholt vom Tagespensum, dass wir beschlossen, um 19.45 Uhr noch ins Kloster hinabzuspazieren für die Abendandacht, bevor wohl jede/r eine gute Nacht verbrachte, nach so vielen Eindrücken des Tages.

Freitag, 6. Juni

von Hauterive nach Romont
5.30 Stunden

Regen! Aber wir waren unermüdlich und montierten wieder die „Regenausrüstung“. Viele Wanderstunden lagen vor uns... einigen der Gruppe war die gute Laune vergangen. Die einen hatten bereits Blasen eingefangen, den anderen schmerzte das Knie... Was soll’s, wir mussten Romont erreichen – unser nächstes Quartier. Unterwegs machten wir Rast an der „Herz Jesu Kapelle“, und dann spülten wir uns die Augen am Brunnen in Posat. Das Wasser soll eine heilende Wirkung haben... Weiter führte der Weg über die Abbaye Cistercienne de la Fille-Dieu, Romont. Sie liegt im Osten von Romont, am Fusse des Hügels, der dem Städtchen den Namen gab. Romont wurde 1239-40 durch Pierre de Savoie gegründet. Der Ort zählt etwa 4000 Einwohner und liegt auf 764 Höhenmetern. Wie der Name sagt, entschlossen sich Juliette, Pernette und Cécile, die drei jungen Frauen, ein gemeinschaftliches Leben in Gebet und Arbeit, Gott zu weihen. Sie ahnten nicht, dass sie den ersten Stein zum Kloster legen sollten. Die Chronik der Klostergeschichte ist datiert auf 1268. Der Bischof von Lausanne ermächtigte sie, ein Kloster zu gründen und gab ihm den Namen Fille-Dieu. Am 10. April 1346 wurde die Kirche eingeweiht. Von Anfang an lebten die Schwestern unter der Regel des hl. Benedikt und nach den zisterziensischen Bräuchen. Im 14. Jh. konnte sich die Abtei eines gewissen Wohlstandes erfreuen, aber das 15. Jh. war unerbittlich. In Folge der Reformation des Waadtlandes durch die Berner im Jahre 1536 wurden die Klöster dieser Gebiete verstaatlicht (Uebergang der kirchlichen Güter an Laien).

Bald einmal sahen wir das goldene Wirtshausschild vom „Le Lion d’Or“. Ja, im „Goldenen Löwen“ in Romont  waren wir angemeldet für die kommende Nacht. Yvonne und ich richteten uns im Zimmer kurz ein, denn um 17 Uhr war schon wieder Treffpunkt zum Apéro im Dorf; um 19 Uhr trafen wir uns zum feinen Nachtessen. Gute Nacht!

Abendessen im Hotel "Le Lion d'Or" in Romont

Samstag, 7. Juni wieder Regen!

Wir trafen uns zum Frühstück und beschlossen einstimmig: Wir brechen heute die Wanderwoche ab und fahren heim; es sollte eigentlich noch nach Moudon gehen. Aber einen Stadtrundgang durch das schöne Romont liessen wir uns natürlich nicht nehmen. Otto zeigte uns zunächst die „Place de Jacque“, es steht noch eine Jacobi-Statue dort. Die ursprüngliche Herberge aus dem 15 Jh. musste aber dem Postbus weichen. Die Siedlung Romont wurde im 10. Jh. von den Herzögen von Burgund gegründet, und trug zunächst den Namen „rotundus mons“ – runder Berg in Anlehnung an die Form des Stadthügels. Schon von weitem bildet das auf dem Hügel gelegene Städtchen eine eindrucksvolle Silhouette. Romont hat sein malerisches Stadtbild mit zahlreichen Bürger- und Patrizierhäusern aus dem 17. bis 19. Jh. bewahrt. Auf dem höchsten Punkt des Hügels befindet sich das Schloss Romont, das im 13 Jh. unter Peter von Savoyen an der Stelle einer älteren Burg erbaut wurde. Schräg gegenüber vom Schloss steht die gotische Kollegiatskirche Notre-Dame-de-l’Assomption, die im 15. Jh. errichtet wurde. Die Innenausstattung der Kirche ist bemerkenswert, vor allem das reich geschnitzte Chorgestühl (1466-69), aber auch Glasmalereien aus dem 14. und 15. Jh. und moderne aus dem 19. und 20. Jh.

Um 10.16 Uhr fuhren wir von Romont-Bahnhof nach Hause. Dort erlebten wir bereits die ersten Fan-Gruppen fürs Fussballspiel der EURO 08 in Basel.

Wir haben eine sehr schöne Woche erlebt! Danke, Gerhard und Vreni, ihr habt das prima organisiert! Alles hat geklappt! Wer weiss, vielleicht war es wieder eine weitere Anregung für den spanischen Jakobsweg nach Santiago. Unsere Gruppe war einmalig – alle waren zur gleichen Zeit am gleichen Ziel, bravo!

Zum Schluss gebe ich euch noch das Gebet des Jakobuspilgers mit auf den Weg:

„Oh, Gott, der Du Abraham aus seinem Land hast aufbrechen lassen und ihn sicher und heil auf seiner Wanderung bewahrt hast, gewähre uns, Deinen Kindern, den gleichen Schutz.
Stärke uns in den Gefahren, erleichtere unsere Wege.
Sei uns Schatten gegen die Sonne, Mantel gegen Regen und Kälte.
Trage uns, wenn wir müde sind, und verteidige uns gegen alle Gefahr.
Sei Du der Stab, der den Sturz hindert, und der Hafen, der die Schiffbrüchigen aufnimmt:
Damit wir, durch Dich geführt, sicher unser Ziel erreichen und wohlbehalten in unsere Heimat zurückkehren.“

Heike

Wegweiser

Bilder zum Bericht: immer den Wegweisern 'Via Jacobi' folgen