1. - 4. August 2013, Bericht: Esther
Am frühen Morgen des Nationalfeiertages traf sich ein kleines Trüppchen Unentwegter am Zürcher Hauptbahnhof, um die von Yvonne Züger bestens geplante Tour unter die Wanderschuhe zu nehmen. Mit SBB, RhB und Postauto erreichten Yvonne, Othmar, Hans, Majda, Irene und Margrit bei schönstem Wetter Bivio, die Perle am Julierpass auf 1769 m. Nach einem stärkenden Kaffee gings dann gleich bergan Richtung Stallerberg, erst steil, dann sanfter durch blühende Alpwiesen, Kuhweiden, entlang von Bächlein und blauen Tümpeln. Ein Lüftchen brachte etwas Kühlung, denn die Sonne brannte bereits vom wolkenlosen Himmel. Hin und wieder der warnende Pfiff eines Murmeltiers. Immer weiter öffnete sich das Panorama auf den Oberhalbstein.
Auf dem Stallerberg auf 2579 m dann die wohlverdiente Mittagspause. Hier schloss auch Esther auf, der ein streikender Wecker einen Streich gespielt hatte und die deshalb eine Stunde später anreiste (ein Hoch auf unseren effizienten Schweizer öV!).
Statt gleich ins Averstal abzusteigen, stieg die nun vollständige Gruppe noch knapp 100 Höhenmeter auf zu den Flüeseen. Die Zusatzschlaufe hat sich gelohnt. Hinter jeder Wegbiegung tauchte noch ein Gewässer auf, Seen sonder Zahl, deren Blau mit dem des Himmels konkurrenzierte. Nun ging es in steilen Kehren erst durch Geröll, dann über angenehme Bergwege talwärts. Weit unten grüsste schon das Dörfchen Juf am Ende der Strasse durchs Averstal. Aber das kühle Bier musste erst noch verdient werden, denn unser Logis befand sich nicht direkt in Juf, sondern im Ortsteil Juppa, eine halbe Stunde talauswärts. Aber auch das schafften wir und bald sassen wir auf der Terrasse des Gasthauses Bergalga vor unsrer erlabenden Tranksame.
Frisch geduscht und erholt freuten wir uns auf den Dreigänger, den das motivierte und freundliche Bergalga- Team servierte. Als Auftakt eine herrlich duftende Heusuppe und Salat, gefolgt von einheimischem Lamm mit Safranrisotto. Den krönenden Abschluss bildete die Erdbeerquarktorte. Dass dazu ein exzellenter Tropfen nicht fehlen durfte, versteht sich von selbst.
Nach dem Eindunkeln erfreuten uns Sterne und Strahlen aus den gezündeten Vulkanen (danke, Yvonne, fürs Hochschleppen!), sowie das Erstaugust-Feuer weiter unten. Raketen und Böller erleuchteten den Nachthimmel, doch bald war Ruhe in unserem Gruppenzimmer.
Nach einem feinen und reichhaltigen Frühstück ersparte uns das Postauto die Asphaltstrecke nach Juf, wo unser heutiger Wandertag beginnen sollte. Juf auf 2126 m ist das höchstgelegene ständig bewohnte Dorf Europas. Sanft stieg der historische Passweg an, allmählich steiler werdend zur Forcellina auf 2672 m. Die Aussicht auf die Engadiner und Bergeller Schnee- und Eisriesen war schlicht grandios. Etwas weiter unten kreuzten wir den Septimerpass auf 2310 m, bevor der Weg wieder anstieg zum 2654 m hohen Lunghinpass (Titelbild). Hier befindet sich eine europäische Wasserscheide, Ursprung von Rhein (Nordsee), Donau (Schwarzes Meer) und Po (Mittelmeer). Die Besteigung des Piz Lunghin überließen wir andern, nimmermüden Kraxlern sowie einer Herde Geissen und machten dafür eine ausgedehnte Mittagsrast.
Nachdem nochmals das imposante Panorama gewürdigt war, brachen wir wieder auf. Am Lägh dal Lunghin staunten wir über die Herde schottischer Hochlandrinder, die stoisch im Wasser und zwischen den Steinen stand. Steil führte der Weg hinunter Richtung Maloja, tiefblau glitzerten die Oberengadiner Seen. Natürlich musste vor dem Dorfeingang in Pila noch Trockenfleisch gepostet werden, bevor wir uns zum wohlverdienten Gersten- oder anderem Saft setzten. Anschliessend brachte uns der Bus nach St. Moritz-Bad, wo wir in der Dependance des Hotels Sonne einquartiert waren. Zum Nachtessen war ein Tisch im Restaurant Sonne reserviert. Pizze, gross wie Wagenräder und reichhaltig belegt, niemand blieb hungrig.
Samstagmorgen brachte uns der Bus zur Talstation der Standseilbahn MuottasMuragl. Diese ersparte uns einige Höhenmeter. Die Aussicht von der Bergstation auf 2455 m ist unbeschreiblich. Die ganze Engadiner Seenplatte zu Füssen und die Gebirgswelt quasi auf Augenhöhe!
Gemächlich aber stetig bergan auf einem schönen Plattenweg erreichten wir die Segantini-Hütte (2731). Nach kurzer Rast wanderten wir weiter auf dem schönen Steinbockweg, ohne allerdings eines dieser Tiere zu sichten. Eindrückliche Steinmauern wurden gebaut und müssen ständig unterhalten werden, um das tief unten liegende Pontresina vor Murgängen und Lawinen zu schützen. Weit oben kam schon unser heutiges Ziel in Sicht, aber der Weg zur gleich einem Adlerhorst auf 3175 m thronenden Georgyhütte war noch lang und steil. Der Pfad ist allerdings gut begehbar und dank des von Yvonne vorgegebenen guten Marschtempos kamen wir schliesslich glücklich bei Anita auf dem Balkon über dem Engadin an. Nach einer Stärkung und etwas Erholung überwanden wir gleich auch noch die letzten knapp hundert Höhenmeter auf den Piz Languard auf 3262 m. Die Abendstimmung auf dem Gipfel und das 360° Panorama waren unbeschreiblich. Cambrena, Palú, Bernina mit Biancograt und all die weiteren Gipfel bis Capütschin im Süden, Julier bis Kesch im Westen oder das Ortler-Massiv in Nord/Nordost, wo sollte man zuerst schauen und staunen?
Sorgsam und vorsichtig machten wir uns an den Abstieg über Steinplatten und Geröll. Der Weg ist an heiklen Stellen mit Stahlseilen gesichert, aber ohne grössere Probleme zu bewältigen. Vor der Hütte wartete bereits der Apero und das Nachtessen. Dabei konnten wir Steingeissen mit ihren Jungen beobachten, die sich ohne Scheu bis nah an die Hütte wagten.
Nach einer kurzen, unruhigen Nacht im engen Massenlager verzichteten wir auf einen erneuten Gipfelsturm. Nach dem Frühstück stiegen wir zum Punkt 2370 ab, von wo ein schöner Höhenweg durchs Albristal zur Fuorcla Pischa auf 2774 m führt. Nach viel Geröll und Blockhalden wurde es im Heutal (Val da Fain) nun wieder grüner und mit viel Flora wieder bunt. Hier entdeckten wir auch die ersten Edelweiss am Wegrand. Der Abstieg ging nochmals ordentlich in die Knie, doch viel zu schnell war das Fahrsträsschen zur Alp Bernina erreicht. Hier gönnten wir uns eine schöne Pause, bevor wir später die Terrasse des Bernina-Gasthauses stürmten. Die RhB brachte uns anschließend via Pontresina über die schöne Albulalinie nach Chur, wo trotz viel Getümmel jede und jeder einen Sitzplatz im Zug nach Zürich fand.
So gingen vier wunderschöne Tage vorbei bei schönstem Wetter und angenehmen Temperaturen, mit unvergesslichen Eindrücken von einer einzigartigen Gebirgswelt, herrlicher Flora, aber auch kulinarischen Höhepunkten und toller Kameradschaft. Die, welche mitgekommen sind, haben es nicht bereut, die Zuhausegebliebenen haben viel verpasst!
Danke, Yvonne fürs Organisieren und Leiten!
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