Am 22. September 1701 wurde Anna Magdalena Wilcke in Zeitz als Tochter des Hof- und Feld- Trompeters Johann Caspar Wilcke geboren. Im thüringischen Weißenfels verbrachte sie ihre Kinder- und Jugendzeit.
Dank ihres musikalisch ambitionierten Elternhauses beherrschte Anna Magdalena das Cembalo- und Lautenspiel. Ihre Ausbildung zu einer exzellenten Sopranistin, einer der ersten deutschen Berufssängerinnen ("Cantatricen"), erfolgte durch die Hofsängerin Pauline Kellner.
Im Jahre 1721 wurde sie nach nur dreimonatiger Bekanntschaft mit Johann Sebastian Bach dessen 2. Ehefrau. Da ihre Gagen als Hofsängerin beachtlich waren, sie verdiente etwa die Hälfte des Gehaltes ihres Mannes, setzte sie auch als Ehefrau und Stiefmutter ihre Auftritte fort. Ihre knapp bemessene Freizeit füllte Anna Magdalena Bach mit dem Kopieren der Werke ihres Mannes. Ihre Notenhandschrift ist von der seinen kaum zu unterscheiden.
Berühmt geworden sind die Anna Magdalena von Johann Sebastian 1722 und 1725 als eine Liebesgabe gewidmeten "Clavir"- und "Notenbüchlein". Nach dem Umzug der Familie Bach nach Leipzig gebar Anna Magdalena von 1723 – 1742 insgesamt 13 Kindern, sieben davon verstarben. Als Johann Sebastian Bach 1750 starb, hinterließ er weder ein schriftliches Testament noch ein Vermögen. Am 27. 2. 1760 starb Anna Magdalena Bach als "Almosenfrau" in Leipzig.
Anna Magdalena Bach
In der "kleinen Chronik von Anna Magdalena Bach" *) wird Bach, der von ihr vergötterte Sebastian, wie folgt beschrieben.
Religion war etwas in ihm Verborgenes, das nicht immer zum Vorschein kam, doch vorhanden war und nie vergessen wurde. Manches war in ihm, das mich zuweilen, besonders am Anfang unserer Ehe, mit Furcht erfüllte, eine felsenfeste Strenge, die seiner Güte als Unterlage und Stütze diente. Doch seltsamer als alles war ein glühendes Verlangen, das ihn sein ganzes arbeitsvolles Leben hindurch begleitete, ein Verlangen nach dem Tode. Nur zuweilen erkannte ich es wie in einem Blitz, denn ich glaube er verbarg es oft vor mir, da er fühlte, dass es mich erschreckte; denn ich war jünger und nicht so mutig wie er. Ich empfand keine Sehnsucht ihn zu verlassen, noch die Welt, die mir schön erschien, solange er in ihr weilte. Heute da ich alt bin und allein und er vor mir dahingegangen ist, heute vermag ich seine Sehnsucht besser zu verstehen, dahin zu gelangen, wo alle Dinge vollkommen gemacht werden. Tief in seinem Herzen trug er das Bild des Gekreuzigten, und seine edelste Musik ist der todessehnsüchtige Schrei, der sich ihm bei der Vision des auferstandenen Heilands entringt.
Die Familie Bach beim Musizieren
*) Die englische Organistin und Schriftstellerin Ester Meynell publizierte 1930 "Die kleine Chronik der Anna Magdalena Bach".
Aus Anna Magdalenas Clavir- und Notenbüchlein